Achterbahnen: was hab ich sie immer gemieden, wie oft musste ich es aushalten, Spielverderberin zu sein, weil mir das weniger Angst machte, als in den verfluchten Wagen einzusteigen. Weil ich die Selbständigkeit in einem Gespräch mit einer Freundin mal mit der Achterbahn verglichen habe und spaßhalber meinte, dass ich vielleicht endlich mal in den verfluchten Wagen einsteigen sollte, hat sie mir zum Geburtstag eine gemeinsame Fahrt geschenkt. Bisher habe ich das Geschenk nicht eingelöst, die Angst war wohl immer noch zu groß. 

Nach allem, was ich seit Weihnachten duchlebt habe, nach allem, was ich seit dem 30.1. erlebe, seitdem mein Vater wieder aus dem Krankenhaus nach Hause gekommen ist, freu ich mich jetzt schon so richtig auf diese Achterbahnfahrt mit dieser wundervollen Freundin. Denn inzwischen habe ich realisiert, dass in all diesen Höhen und Tiefen zwar sehr viel steckt, das in der Tat Angst machen kann. Zugleich können Leid und Glück auf eine geradezu unvorstellbare Art nebeneinander liegen. Unvorstellbar deshalb, weil sie sich in unglaublich kurzer Zeit ablösen können. Und genau das kann unvorstellbare Kräfte mobilisieren.

Ein anderer wundervoller Freund sagte mir kürzlich, wie sehr ihn meine Erzählungen berührten: „das ist Leben in einer unglaublichen Intensität – wie schön, dass Dein Vater Euch so nah dazu lässt.“ Eine weitere wundervolle Freundin, die leider durch Ähnliches durchgehen musste, predigte mir geradezu: Verbringe Zeit so viel Zeit mit ihm wie möglich. Das ist das einzige, das zählt. Ja! Ja! Und nochmal ja kann ich dazu nur sagen. So schmerzhaft das auch immer wieder sein mag – was ich gerade mit meinem Vater erlebe, ist auf so vielen Ebenen lehrreich, berührend, aufrührend, spaßig, schmerzhaft und so vieles mehr, das ich nicht in Worte zu fassen vermag. Ich kann nur sagen: so stelle ich mir inzwischen eine Achterbahnfahrt vor, mit dem entscheidenden Unterschied, dass es auf der Achterbahn um nichts geht. 

Zugleich gibt es eine entscheidende Parallele: wenn man versteht, dass es im Leben um nichts anderes geht, als immer wieder dazu zu lernen, wie man Höhen genießt und aus ihnen Kraft schöpft, und wie man genau diese Kraft verwenden kann, um auch die tiefen Täler zu durchschreiten – und wie man aus all diesen Erfahrungen etwas lernen oder mitnehmen kann, auf dass man die Achterbahnfahrt umso bewusster erleben kann. Auf dass man die Hoffnung nicht verliert, wenn man tief unten ist. Auf dass man es sich erlaubt, es in vollen Zügen zu genießen, wenn man ganz oben ist. Denn während man all das bewusst durchlebt, lernt man so unheimlich viele neue Lektionen in Demut, dass ich mich frage, ob ich mir Gedanken darüber machen sollte, ob ich nicht zu dankbar für die kleinsten Dinge bin.

Erst kürzlich habe ich versucht, meinem Vater Mut zu machen, weil es viele, viele Gründe gibt, um sehr optimistisch zu sein. Er fragte mich daraufhin, ob ich Missionarin geworden bin. Ich gebe zu, dass ich mich manchmal frage, ob ich völlig verrückt geworden bin, weil mir so viele Lebensweisheiten durch den Kopf gehen, die man vielleicht esoterisch nennen kann. Deshalb sind mir so manche Gedanken tatsächlich unheimlich. Nur habe ich beschlossen, mir darüber nicht weiter den Kopf zu zerbrechen, weil ich sonst vielleicht wirklich noch verrückt werden würde.

Zurück zur Achterbahn: was ich gelernt habe ist, dass Angst oder vielleicht vielmehr Respekt unheimlich wichtig ist, weil man im echten Leben tatsächlich nie weiß, ob es einen nach einem Tiefschlag wirklich wieder in neue Höhen führt. Vor allem habe ich gelernt, dass man in Wahrheit nie weiß, wie es weitergeht und vor allem, wie lange. Das einzige, woran man sich wahrlich festhalten kann ist, dass man nie weiß, was kommt und sich immer wieder eine Überraschung hinter der nächsten Ecke verstecken kann.

Darin besteht zugleich die größte Herausforderung: zu lernen, es auszuhalten, dass man einfach nicht weiß, was die Zukunft bringt. Aushalten: das ist ein so strenger Begriff. Es geht darum zu lernen, dass der Tod immer und überall lauern kann, aber vielleicht doch erst später die Sense schwingt, als man befürchtet hat. Umso mehr sollte man wahrlich jeden Tag genießen, was auch immer man als Genuss definiert, denn das bedeutet nicht für jede/n Champagner und Kaviar. 

Es lohnt sich wirklich sehr, für sich selbst herauszufinden, was die gesellschaftlich als Luxus definierten Produkte Champagner und Kaviar für eine/n selbst sind. Da kann herauskommen, dass man die selbst definierten Luxusgüter um kein Geld der Welt kaufen kann. Zumindest bei mir ist es so. Ich lerne so viel, erlebe so viel – das ist einfach unbezahlbar. All dem sei hinzugefügt: ich muss mir aktuell ***aufholzklopf*** keine Sorgen um meine Existenz machen, und ich habe wahrlich tolle Menschen im Hintergrund, die mich auf eine sehr berührende Art und Weise unterstützen. Danke, Ihr gebt mir wahrlich viel Kraft! ❤️❤️❤️